Porträt des Europäischen Wolfes

Foto Sebastian Koerner

Der Wolf ist die größte Art aus der Familie der Hundeartigen (Canidae). Innerhalb der Art Canis lupus können Körpergröße und Gewicht erheblich schwanken. Die größten Wölfe leben im Norden Amerikas. Sie können bis zu 80 kg wiegen, während ihre kleinen Verwandten auf der arabischen Halbinsel nur 15 kg erreichen. In Deutschland zeigten die bisher am LUPUS Institut und am IZW erhobenen Daten von toten oder lebend gefangenen  Wölfen mittlere Werte: Erwachsene Fähen (älter als 2 Jahre) wogen zwischen 25 und 35 kg, erwachsene Rüden 33 bis 43 kg. Die Spanne bei den Jährlingen (Wölfe im zweiten Lebensjahr) war noch größer: Jährlingsfähen wogen zwischen 22 und 36 kg, Jährlingsrüden zwischen 25 und 47 kg (Stand: April 2017).

Im Vergleich zu einem etwa gleichschweren Deutschen Schäferhund sind Wölfe deutlich hochbeiniger und mit einer geraden Rückenlinie versehen. Die Ohren wirken vor allem im Winterfell relativ klein und dreieckig und sind auch auf der Innenseite dicht behaart. Der buschige Schwanz wird meist gerade herabhängend getragen. Im Sommerfell wirken Wölfe deutlich schlanker und noch hochbeiniger. Europäische Wölfe haben eine graue Grundfärbung, die von gelblichgrau, über graubraun bis dunkelgrau variieren kann. Die Unterseite der Schnauze und die Kehle sind hell, die Rückseiten der Ohren rötlich gefärbt. Hinter den Schulterblättern weist das Rückenfell häufig einen hellen Sattelfleck auf, der durch eine dunkle Sattellinie nach hinten begrenzt ist. Die Schwanzspitze ist meist schwarz. Viele, aber nicht alle Wölfe haben schwarze Zeichnungen auf den Vorderseiten der Vorderbeine.

Der Körperbau des Wolfes weist ihn als ausdauernden Läufer aus, der im gleichmäßigen Trab mühelos viele Kilometer zurücklegen kann. Die typische Gangart des Wolfes ist der sogenannte geschnürte Trab, bei dem die Hinterpfoten exakt in den Abdruck der jeweiligen Vorderpfote gesetzt werden. Wie alle Hundeartigen haben Wölfe 5 Zehen an den Vorderpfoten und 4 an den Hinterpfoten. Abgedrückt werden jeweils aber nur 4 Zehen und der Ballen.

Der Wolfsschädel ist lang und breit, das Hirnvolumen deutlich größer als das gleichgroßer Haushunde. Das Wolfsgebiss weist im Dauergebiss 42 Zähne auf (I:3/3, C:1/1, P:4/4, M:2/3). Der Zahnwechsel erfolgt zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat.

In Gefangenschaft können Wölfe 16 Jahre und älter werden. Im Freiland sterben die meisten Tiere wesentlich jünger. In Sachsen wurde eine Wölfin 13 Jahre alt. Dies ist jedoch eine seltene Ausnahme.

Soziale Organisation

Foto Heiko Anders

Wölfe leben in Familien (Rudeln), welche meist aus den beiden Elterntieren und ihren Nachkommen der letzten zwei bis drei Jahre besteht. Die Jungwölfe verlassen i.d.R. im Alter von 10–22 Monaten das elterliche Territorium, um ein eigenes Gebiet und einen Paarungspartner zu suchen. In den meisten Wolfsrudeln sind die beiden Elterntiere daher die einzigen dauerhaft im Territorium anwesenden Wölfe.

Manche Jungwölfe bleiben allerdings auch länger im Gebiet der Eltern, in seltenen Fällen 4-5 Jahre. Da bei Wölfen die Geschlechtsreife meist im Alter von 22 Monaten einsetzt, kann es in solchen Rudeln neben den Eltern auch weitere geschlechtsreife Tiere geben. Dies führt manchmal dazu, dass außer der Fähe auch noch eine ihrer Töchter Welpen bekommt. Eine umkämpfte Rangordnung wie man sie aus der Haltung von Wölfen in Gefangenschaft kennt, gibt es bei freilebenden Wölfen nicht. Im Gegensatz zu Haushündinnen wird die Wolfsfähe nur einmal im Jahr, im Winter, läufig. Nach mitunter mehrwöchiger Vorranz findet in der Regel Ende Februar/Anfang März die Verpaarung statt. Nach einer Tragzeit von etwa 63 Tagen werden Ende April/Anfang Mai meist 4 bis 6 Welpen geboren. Mit 6 bis 7 Monaten sind diese bereits fast so groß wie die Eltern und Jährlinge (Jungwölfe im zweiten Lebensjahr) und laufen mit den anderen Rudelmitgliedern mit.

Jedes Elternpaar beansprucht ein eigenes Territorium, das es gegen fremde geschlechtsreife Wölfe verteidigt. Durch ihre ausgesprochene Territorialität verteilen sich vergleichsweise wenige Wölfe auf großer Fläche. Die Größe der Territorien hängt vor allem von der verfügbaren Nahrung ab. Ein Wolfsterritorium muss jeweils so groß sein, dass die Elterntiere jedes Jahr genug Beute machen können, um ihren Nachwuchs großzuziehen.  Je weniger Beutetiere in einer Region leben, desto größer müssen die Wolfsterritorien sein. In Mitteleuropa liegen die in Studien ermittelten Reviergrößen oft zwischen 100-350 km². Wölfe sind also räumlich so organisiert, dass sie ihre Nahrungsgrundlage nachhaltig nutzen. Die ersten Ergebnisse von mit Sendehalsband ausgestatteten Wölfen zeigten zudem, dass auch Rückzugsräume in der von Menschen intensiv genutzten Kulturlandschaft wichtig sind für die Lage und Größe der Territorien.

Ernährung

Grundsätzlich gilt, dass der Wolf an der Spitze der Nahrungspyramide seines Lebensraumes steht. Seine Anzahl in einem Gebiet wird allein vom Nahrungsangebot und ggf. noch von Krankheiten bestimmt, aber nicht durch einen Fressfeind. Gleichermaßen beeinflussen Wölfe natürlicherweise die Anzahl der wildlebenden Huftiere, deren Gegenspieler sie sind. Wölfe sind auf die Jagd auf Schalenwild (Paarhufer) spezialisiert. In Mitteleuropa ernähren sie sich vor allem von Reh-, Rot- und Schwarzwild, örtlich auch von Dam- und Muffelwild. In Skandinavien sind oft Elche oder Rentiere ihre Hauptnahrung. Im Süden Europas, wo wildlebende Huftiere fehlen, können dagegen Nutztiere und Abfall einen wesentlichen Teil der Nahrung ausmachen.

Nahrung der Wölfe in Deutschland
Biomasseanteile der Beutekategorien/-arten in der Nahrungszusammensetzung der Wölfe aus Deutschland im Zeitraum 05/2001 bis 04/2019 (Anzahl Losungen = 8.781; „+“ entspricht < 0,05 %)