Hintergrund zu den genetischen Untersuchungen
Genetische Untersuchungen sind ein wichtiger Teil des Monitorings. Mit Hilfe der genetischen Informationen lassen sich u.a. benachbarte Wolfsrudel voneinander abgrenzen oder auch die eventuelle Zuwanderung von Wölfen aus Nachbarpopulationen bestätigen. Genetikproben werden das ganze Jahr über gesammelt. Dabei handelt es sich hauptsächlich um nicht-invasiv gesammelte Proben, wie frischer Kot, Urin (im Schnee), Haare oder Speichel (Tupferproben an frisch getöteten Wild- oder Nutztieren), die sich für genetische Untersuchungen eignen. Die genetischen Analysen werden im Fachgebiet Naturschutzgenetik am Senckenberg Forschungsinstitut, Standort Gelnhausen, durchgeführt. Das dortige Labor fungiert seit 2010 als Referenzzentrum für die Wolfsgenetik in Deutschland. Der Artnachweis erfolgt zunächst mittels Sequenzanalyse der mitochondrialen Kontrollregion und wird später durch die Analyse von 13 Mikrosatellitenmarkern bestätigt. Die Mikrosatellitendaten werden zusammen mit zwei Geschlechtsmarkern für die individuelle Zuordnung und die Verwandtschaftsrekonstruktion verwendet. Bei Bedarf werden darüber hinaus auch SNP-basierte Analysen durchgeführt, welche u.a. für Hybridendetektion optimiert sind. Die deutschlandweit einheitliche Probenanalyse in einem zentralen Labor ermöglicht es, Individuen bundesländerübergreifend ihren Herkunftsrudeln zuzuordnen und Verwandtschaftsstrukturen zu ermitteln.
Nachfolgend kann ein Artikel zu den genetischen Untersuchungen im Nationalen Referenzzentrum heruntergeladen werden. Die beschriebenen Methoden werden auch aktuell angewendet und ständig optimiert. So können inzwischen mit sehr gutem Erfolg Urinproben mit Östrusblut aus dem Schnee analysiert werden. Mittlerweile werden sehr viele Proben zusätzlich einer SNP-Analyse unterzogen.
Detailierte Informationen zum bundesweiten genetischen Wolfsmonitoring können außerdem auf der Webseite von Senckenberg nachgelesen werden.
In einer 2021 im Wissenschaftsjournal "Heredity" erschienen Studie mit dem Titel "How the west was won: genetic reconstruction of rapid wolf recolonization into Germany’s anthropogenic landscapes" werden grundlegende Ergebnisse des genetischen Monitorings aus der frühen Besiedlungsphase der deutschen Wolfspopulation bis zum Monitoringjahr 2015/16 beschrieben. Die Studie basiert auf 1342 gesammelten Proben, die 524 Wolfsindividuen zugeordnet werden konnten. So konnte eine nahezu vollständige Rekonstruktion des Stammbaums der frühen Besiedlungsjahre der Wolfspopulation in Deutschland ermöglicht werden. Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die Ausbreitung des Wolfes im dicht besiedelten Deutschland nach ähnlichen Mustern geschieht, wie dies aus naturnahen Gegenden und Wildnisgebieten Skandinaviens und Nordamerikas beschrieben wurde. Die genetische Diversität der Population ist durch einen Gründereffekt eher gering, nimmt jedoch langsam zu. Inzuchtereignisse und Hybridisierungen mit Haushunden kommen vor, bilden aber seltene Ausnahmen.
Die Studie ist frei verfügbar unter:
https://doi.org/10.1038/s41437-021-00429-6 (online)
https://www.nature.com/articles/s41437-021-00429-6.pdf (PDF-Dokument).
Nachfolgend kann ein pdf der Pressemitteilung heruntergeladen werden.
Durchschnittliche Bearbeitungszeiten 2019-2020
Im Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 30.09.2020 wurden im Rahmen des Wolfsmonitorings insgesamt 6.232 Proben zur genetischen Analyse beauftragt. Die einfache Artbestimmung (mtDNA-Sequenzanalyse) erfolgt bei Standardproben üblicherweise innerhalb von 10 Werktagen. In 2019 lagen die Ergebnisse bei 88% aller Proben innerhalb von 10 Werktagen vor; in Ausnahmefällen betrug die Bearbeitungsdauer bis zu 40 Werktage. In diesen Fällen wurden beispielsweise außergewöhnliche, zusätzliche Aufwendungen in der Laboranalyse und Auswertung aufgrund von Besonderheiten des Trägermaterials der DNA-Spur oder sehr geringer Probenqualität zur Ermittlung eines Ergebnisses benötigt.
Im Durchschnitt lagen die Ergebnisse der Artbestimmung im Jahr 2019 nach 7,2 Werktagen vor, die häufigste Bearbeitungszeit betrug 5 Werktage.
Im Jahr 2020 hat sich die Anzahl der ausnahmsweise verlängerten Analysezeiten erheblich reduziert; auch die durchschnittliche Bearbeitungszeit ist gesunken. 95% der Proben wurden innerhalb der 10-Tage-Frist bearbeitet. Die mittlere Bearbeitungszeit aller Proben belief sich in 2020 auf 5,6 Tage, die häufigste Bearbeitungszeit betrug 4 Werktage.

Bearbeitungszeit der mitochondrialen Artbestimmung von Wolfverdachtsproben für die Jahre 2019 und 2020 (01.01.20 bis 30.09.20) in Werktagen. Die blaue Linie markiert die Frist von 10 Werktagen. 2019 wurden 88% der Proben innerhalb der Frist bearbeitet. 2020 konnten 95% der Proben innerhalb der Frist bearbeitet werden. Die rote Linie zeigt die Bearbeitungsdauer für 95% der Proben im Jahr 2019. Zusätzlich zu der Punktwolke ist die Häufigkeitsverteilung der Daten in Tropfenform dargestellt, wobei die statistisch häufigste Bearbeitungszeit für 2019 bei 5 Tagen liegt, für 2020 bei 4 Tagen.